slowakische Sprache

slowakische Sprache
slowakische Sprache,
 
westslawische Sprache (slawische Sprachen), die von etwa 4,8 Mio. Slowaken in der Slowakischen Republik (Amtssprache) sowie von Minderheiten in angrenzenden Gebieten, v. a. in Ungarn, gesprochen wird.
 
Die slowakische Sprache verwendet die lateinische Schrift mit zusätzlichen diakritischen Zeichen; sie folgt phonetisch-etymologischen Prinzipien. In bestimmten etymologischen Positionen stehen y, ý statt i, í; vor ihnen bleiben d, t, l, n hart. - Der Wortakzent ruht immer auf der ersten Silbe.
 
Das Lautsystem ist durch ein System von kurzen und langen Vokalphonemen gekennzeichnet; in der Schrift werden die Längen durch Akut markiert. Die Einteilung in kurze und lange Vokalphoneme ist nicht unumstritten, da diesem System sechs kurze und fünf lange Vokale sowie die vier Diphthonge ia [i̯a], ie [i̯ɛ], iu [i̯u], ô [u̯ɔ] entsprechen, die jedoch als lange Vokale, also monophonematisch gewertet werden können. Hinzu kommen silbisches l und r, die ebenfalls lang sein können; ä [æ] kommt nur nach den Labialen b, p, m, v vor. Nach dem rhythmischen Gesetz dürfen zwei Längen in einem Wort nicht aufeinander folgen; die zweite Länge (wobei Diphthonge als Länge gelten) wird gekürzt. - Den Vokalphonemen stehen 27 Konsonantenphoneme gegenüber. Die Stimmtonkorrelation ist stark ausgeprägt, im Auslaut aber zugunsten der Stimmlosigkeit neutralisiert. Ansonsten unterliegen stimmhafte und stimmlose Konsonanten der regressiven Assimilation. Eine Besonderheit bei verbundener Aussprache ist die Assimilation stimmloser auslautender Konsonanten an die Stimmhaftigkeit der Anlautvokale und -sonanten des Folgewortes. In der Palatalitätskorrelation stehen den Dentalen d, t, n, l die Palatale d', t', ň, l' gegenüber. Die Phoneme č, dž, š, ž, j sind immer palatal. Im Silbenauslaut vor Konsonanten und im Wortauslaut wird v als [u̯] gesprochen, z. B. pravda [prau̯da], krv [kru̯].
 
Die Deklination der Substantive weist die Kategorien Numerus (Singular und Plural), Kasus (sechs Kasus) und Genus (Femininum, Maskulinum, Neutrum) auf sowie Beseeltheit, d. h. die Verwendung der Genitivform für den Akkusativ bei maskulinen Lebewesen im Singular und bei maskulinen Personen im Plural. Außerdem gibt es im Nominativ Plural besondere Personalformen auf -i, -ia und -ovia für männliche Personen.
 
Das Verbalsystem ist durch Aspekt (perfektiv, imperfektiv), Modus (Indikativ, Imperativ, Konditional) und Tempus (Präsens, Futur, Präteritum) bestimmt. Der Infinitiv aller Verbklassen endet auf -t'.
 
Die Lexik steht der des Tschechischen sehr nahe. Neben lateinischen und deutschen Lehnwörtern gibt es auch ungarische und rumänische. Eine Reihe von Lehnwörtern stammt aus dem Tschechischen, aber bewusste Abgrenzungstendenzen gegenüber dem Tschechischen haben vielfach zu stärkerer Berücksichtigung von Wörtern aus den eigenen Dialekten und zur Bildung von Neologismen geführt.
 
Die Dialekte werden in eine westslowakische (Preßburg-Trentschin), mittelslowakische (Tatra) und ostslowakische (Kaschau-Prešov) Gruppe eingeteilt. Die Schriftsprache basiert auf den mittelslowakischen Dialekten.
 
 
Die slowakischen Dialekte sonderten sich seit dem 10. Jahrhundert aus dem Späturslawischen aus; dabei lassen sich drei Dialektgruppen rekonstruieren, von denen die mittlere einige südslawische Elemente aufwies. Seit dem 15. Jahrhundert begannen die Slowaken, als Schriftsprache neben dem Lateinischen das Tschechische zu benutzen. Als Staatssprache galt daneben bis ins 20. Jahrhundert das Ungarische. Der katholische Priester Antonín Bernolák (* 1762, ✝ 1813) unternahm den ersten Versuch einer Kodifizierung der slowakischen Schriftsprache auf der Grundlage des dem Tschechischen nahe stehenden westslowakischen Dialekts (»Grammatica slavica«, 1790). Dieser als »katholisch« geltenden Sprache setzte L'. Štúr seine »protestantische« Schriftsprache entgegen, die auf dem Mittelslowakischen gründet (»Nauka reči slovenskej«, 1846). Diese wurde nach der Einigung zwischen Katholiken und Protestanten (1851) in der 1852 anonym herausgegebenen »Krátka mluvnica slovenská« festgelegt und gilt - mit geringfügigen Änderungen (Reformen 1940 und 1953) - noch heute.
 
 
J. Stanislav: Dejiny slovenského jazyka, 5 Bde. (Preßburg 1956-73);
 J. Stanislav: Slowak. Gramm. (ebd. 1977);
 J. Orlovsky: Slovenská syntax (ebd. 31971);
 J. Siarsky: Slovensko-nemecký slovník (ebd. 1973);
 P. Baláž u. M. Darovec: Lb. der s. S. für Slawisten (Preßburg 21978);
 M. Čierna: Nemecko-slovenský slovník (ebd. 1981);
 M. S. Ďurica: Die histor. u. sprachwiss. Entwicklung der s. S. (1981);
 R. Krajčovič: Povod a vývin slovenského jazyka (Preßburg 1981);
 O. E. Swan u. S. Gálová-Lorinc: Beginning Slovak (Columbus, Oh., 1990);
 
A reader in Slovak linguistics, hg. v. J. Kacala u. a. (München 1992);
 L. Brinkel: Taschen-Lb. Slowakisch (31994).

Universal-Lexikon. 2012.

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